Lara-Croft-Momente in Angkor

„Ready?“ Makara Sou streckt den Daumen hoch. Das Tuk-Tuk unseres Guides für die heutige Tour ist startbereit. Eine Viertelstunde später sind wir an der Einfahrt mit der ersten Ticketkontrolle. “Guten Morgen, Herr Claus.“ Kaum hat der Parkwächter den QR -Code der PDFs von meinem Handy gescannt, haben wir nicht nur unsere Einfahrtsberechtigung nachgewiesen, sondern auch unsere Nationalität. Dass der Vorname als Nachname interpretiert oder schlicht ignoriert wird, ist kein Klischee aus schlechten Hollywoodfilmen, sondern hierzulande Alltag und kann gelegentlich zum Problem werden.

Wird eine Hotelrechnung online mit der Kreditkarte des Ehepartners beglichen, kann es passieren, dass die Zahlung trotz gleichen Nachnamens nicht zugeordnet wird und diese beim Auschecken als unbezahlt markiert, erneut eingefordert wird. So ging es uns bei unserer letzten Unterkunft in Kratie. Zum Glück ließ sich das Missverständnis schnell aufklären, der Verdacht der Zechprellerei war schnell vom Tisch. Beim Eintritt für die Tempel von Angkor sind solche Verwechslungen ausgeschlossen, ein Passfoto auf den Tickets macht die Identifikation narrensicher. Um lange Wartezeiten beim Ticketkauf vor Ort zu vermeiden, haben wir sie vorher online gekauft und aufs Handy heruntergeladen. Der QR-Code ruft dann gleich beide Besucher gleichzeitig auf und zeigt dem Parkwächter zur Identifikation auch unsere Gesichter auf seinem Handy. Die aktuellen Selfies mussten bei der Buchung in der gewünschten Perspektive hochgeladen werden. Das brauchte zwar mehrere Anläufe, bis alles passte, war aber letztlich handy-sei-dank kein Problem.

Wir starten unsere Tour ganz klassisch mit der Besichtigung des Angkor Wat, der von einem breiten Wassergraben umgeben wird. Eine breite Brücke am westlichen Eingang führt zu dem großen Tempelkomplex. Parallel wäre auch der Weg über eine im Wasser schwimmende Behelfsbrücke möglich. „No go!“ Der Parkwächter ist unerbittlich. Die schwimmenden Pontons dürfen nur in einer Richtung überquert werden.

Mit dem Umkreisen eines Heiligtumes in richtiger Richtung hat das diesmal nichts zu tun. Eher mit dem Entzerren von Touristenströmen, die in den Jahren vor der Pandemie die Anlage überfluteten. Davon ist heute nicht viel zu spüren. Sou hatte uns schon erzählt, dass im ersten Jahr nach Corona zwar wieder viele Besucher kamen, es im letzten Jahr aber wieder deutlich weniger wurden. Kein Wunder, dass sich die Hotelpreise in den letzten Tagen gegenseitig mit Rabatten überboten haben.

Damit ergibt sich bei meinem nach 2005 vierten und Cosys nach 1995 fünften Besuch die Möglichkeit, die Gebäude „nackt“ zu fotografieren, ohne von selfieverliebt aus Fenster und Türstöcken winkenden Menschen gestört zu werden. Natürlich sind wir auch jetzt nicht wirklich allein. Zu dem von vier Türmen umgebenen höchsten Turm mit dem zentralen Heiligtum schieben sich auch heute Vormittag immer wieder einige Touristen ins Bild. Aber mit ein bisschen Geduld sollten Aufnahmen gelingen, die vor Jahren noch unmöglich schienen.

Also wandern wir auf eigene Faust treppauf, treppab durch die Anlage. Das gibt uns genug Zeit, die großartigen Wandreliefs zu betrachten und auf die Gelegenheit für den richtigen Foto-Moment zu warten. Das Schlachtengetümmel in den Wandelgängen werden übrigens unter anderem von Wissenschaftlern der Technischen Hochschule Köln sorgfältig restauriert und gegen weitere Wasser- und Witterungsschäden geschützt. Die perfekte Imagepflege für ein positives Deutschlandbild.

Wir haben mit Sou verabredet, uns auf der gegenüberliegenden Seite am East Gate mit seinem Tuk-Tuk einzusammeln. Bei einer Temperatur von 34 Grad Celsius wird der Weg dann doch ein wenig lang. Zum Glück können wir ihn per WhatsApp erreichen und er kommt uns im äußeren hinteren Bereich auf den letzten hundert Metern so weit entgegen, wie es ihm die Parkwächter gerade noch erlauben.

Der warme Fahrtwind weht uns um die Nase, als wir über die Brücke zum Elefantentor in Richtung Bayon Tempel fahren. Nur ein paar Mopedfahrer, Tuk-Tuks und PKW sind mit uns unterwegs. Das ist jetzt die Gelegenheit, um ein paar ungestörte Aufnahmen der Brückengeländer zu machen: Zahlreiche Khmer Krieger reiten auf einer gewaltigen Naga-zum Tor. Die Skulpturen wurden in den letzten Jahren gründlich restauriert. Die graue Farbe der ergänzten Teile zeigt deutlich, wie behutsam hier versucht wird, aus den vorhandenen Resten das ursprüngliche Ensemble wieder entstehen zu lassen.

Auch der Bayon Tempel mit den markanten großen Steingesichtern wird mit ausländischer Hilfe vor dem weiteren Verfall bewahrt. Hier ist es eine japanische Stiftung, die sich das zur Aufgabe gemacht hat. Gerade laufen die Arbeiten an einem großen Wandrelief, das in Teilen bereits jetzt wieder in altem Glanz erstrahlt. Die Holztreppen hinauf zu den Türmen mit den Steingesichtern sind seit dem Jahr 2020 für Besucher gesperrt, um dort geplante Restaurierungsarbeiten nicht zu stören.

Nach einem kurzen Zwischenstopp mit viel frischen Mangos, Ananas und Bananen in fester und flüssiger Form erreichen wir nachmittags gegen 16 Uhr einen weiteren Besucher-Magnet. Der Ta Prohm Tempel mit seinen halbverfallenen Ruinen ist durch den Film „Tomb Raider“ weltweit berühmt geworden. Die Würgfeigen und die gewaltigen Wurzeln der Tetrameles nudiflora scheinen die Ruinen sowohl zusammenzuhalten als auch zu sprengen.

Die Gelegenheit zu ikonischen Fotografien wartet hinter jeder Ecke, wären da nicht die Touristen. Keine Chance für den perfekten Lara-Croft-Moment. So war es bei unseren letzten Besuchen. Doch dieses Jahr ist alles anders. Bis sich eine indische Reisegruppe den Orten für das perfekte Insta-Selfie genähert hat, erleben wir den östlichen, hinteren Teil der Anlage plötzlich für mehrere Minuten Menschenleer. Perfekt! Es hat sich gelohnt, für heute nur drei Tempel ins visier zu nehmen und mit einem 3-Tages-Ticket alle Optionen offen zu halten….

Unterkunft:
Rei Kandoeng Angkor

Ta Poul areas
Old French Quarter
Siem Reap, Kambodscha

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