Zurück in Mexiko

Es ist Sonntag, Heiligdreikönig. Wir sitzen beim Frühstück, am Nachbartisch eine Gruppe älterer Amerikaner, einziges Gesprächsthema: Beten. Jeder mit einer großen Bibel unterm Arm, in schwarzem Anzug und weißem, gestärkten Hemd bzw. züchtig hochgeschlossenen Kleidern. Neben uns hat eine Gruppe Methodisten Platz genommen. Es sind Wesley Missionare aus Illinois, die in Crooked Tree eine neue Pfarrei gründen wollen. Eine weißhaarige alte Dame spricht uns an. Wir seien doch Deutsche? Leider spreche sie unsere Sprache nicht. Aber ein paar Worte habe sie mal von Glaubensbrüdern aus Pennsylvania gelernt: „Wie liebli‘…“ Hmm, schwieriges Rätsel. Dann fällt es ihr wieder ein: „Wie lieblich ist’s hienieden…“, ein altes Volks-und Kirchenlied.

Eine Stunde später warten wir mit unseren Rucksäcken an der Einmündung des Causeway zum Northern Highway auf einen Bus aus Belize City, der uns nach Norden zur mexikanischen Grenze bringen soll. Die Chefin der Lodge hat uns mit ihrem Van bis zum Unterstand an der Abzweigung gefahren. Die Busse kommen hier meist stündlich vorbei, einfach nur winken, wenn wir mitfahren wollen. Wir sind 10 Minuten vor dem erwarteten Zeitpunkt vor Ort, aber es passiert eine halbe Stunde erstmal gar nichts, außer dass die Temperatur sich langsam der 30 Gradgrenze nähert. Es ist Sonntag, da kann auch mal ein Bus weniger fahren. Dann flitzt plötzlich erst ein kleiner, später ein größerer Pulk Radfahrer vorbei, gefolgt von Vans mit Ersatzrädern und Helfern.

Kurz darauf  verlangsamt ein Van aus der Gegenrichtung sein Tempo und hält neben uns. Wo wir hinwollen, fragt einer der beiden Garifuna. Nach Chetumal? Wunderbar! Da wollen die beiden auch hin. Also rein mit den Rucksäcken und los geht’s. Radio 98.1 FM dudelt erst Reggae-Songs, später leiert eine Frauenstimme Zahlen herunter. Frank, der Beifahrer, erklärt uns lachend, dies sei Teil des beliebten sonntäglichen Boledo Lottery Jackpot, einer Art Bingo. Da hofft jeder auf eine kleine Aufbesserung seines kargen Einkommens. Da wir mit den Zahlen wenig anfangen können, schaltet er das Radio aus und übernimmt den Unterhaltungspart gleich selber. Auf dem Sonntagsmarkt des Grenzstädtchens Corozal will er kleine Kokoskuchen verkaufen, die seine Frau gebacken hat. Altes Familienrezept! Müssen wir unbedingt probieren! Sie sind superlecker, innen saftig und außen knusprig. Das Rezept kennt nur seine Frau, also kann er es uns leider nicht verraten.

Nachdem Frank vor der Grenze wie geplant ausgestiegen ist, fährt uns Matthew zu den Grenzanlagen am Rio Hondo. Wir rechnen erst mal mit einem längeren Prozedere, die Einreise nach Belize ist noch zu deutlich in Erinnerung. Doch hier geht es ratzfatz. Die Ausreise ist eine Sache von wenigen Minuten, wird sind gerade die einzigen vor dem Schalter. Bei der Einreise warten eine Familie und ein Pärchen vor uns in der Schlange. Kein Problem. Bis wir das Einreiseformular ausgefüllt haben, sind wir bereits an der Reihe. Also wieder rein in den klapprigen Ford mit der Lenkradschaltung und zum letzten Hindernis an der Grenze. Gegen eine Gebühr von rund 10 Euro muss der Van „desinfiziert“ werden. Also Scheiben hoch und wie bei einer Waschanlage durch den Sprühnebel einer nicht näher definierbaren geruchslosen, klaren Flüssigkeit fahren. Mathew lacht. Seit fas 20 Jahren machen die das und keiner weiß genau, was das bringen soll. Das Wageninnere bleibt unbehelligt. In Kambodscha haben wir so etwas Ähnliches schon einmal erlebt. Da ging ein Grenzer allerdings mit einer Sprühdose durch die Reihen im Bus.

Matthew bringt uns in Chetumal direkt zu einer Mietwagenniederlassung in der Stadt, die wir vorher gegoogelt und ihm auf Google Maps gezeigt haben. Er grinst. Die Adresse liegt gerade mal einen Block entfernt von dem Laden, in dem er ein Ersatzteil für seinen betagten Van kaufen will. Die Formalitäten für den Mietwagen sind schnell erledigt. Eigentlich hatten wir befürchtet eine Nacht in der Grenzstadt zu verbringen und erst am nächsten Tag weiterfahren zu können. Aber es ist erst früh am Nachmittag. Also Zeit genug für die Fahrt zur ersten von mehreren Maya-Stätten, die wir hier in der Gegend besuchen wollen.

Rund 70 Kilometer östlich von Chetumal befindet sich Kohunlich (sprich: Ko-unn-litsch). Der Maya-Name der Stadt ist nicht bekannt, die heutige Bezeichnung ist vielmehr eine Verballhornung des englischen Begriffs „Cohoon ridge“. Bei Cohoon handelt es sich um den Namen einer hier wachsenden Kokospalmenart.

Die sind auch eine der ersten Besonderheiten, die uns an dieser Anlage auffallen. Die Bauten scheinen sich in einem großen Palmenhain zu befinden. Sie sind im Rio-Bec-Stil gebaut und wurden zwischen 800 und 1050 n.Chr. errichtet.

Berühmt ist Kohunlich vor allem wegen der Stuckgesichter am Aufgang des „Temple de las Mascaronas“ (Tempel der Masken), der sich hinter der „Plaza de las Estelas“ (Platz der Stelen) mit dem gleichnamigen Tempel und „El Rey“ (Tempel des Königs) sowie der „Akropolis“ und dem obligatorischen Ballspielplatz befindet. Die Stuckmasken sind sehr gut erhalten und Darstellungen des Maya-Sonnengottes Kinich Ahau. Um sie zu schützen, sind sie auf einer Seite der Treppe mit einem feinen Gaze-Netz bedeckt, aber dennoch sehr gut darunter zu sehen.

 

Unterkunft:
Hotel Mirador
Av. Calakmul No. 94, 24640 Xpujil, Mexiko

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