Begegnungen

Bei unseren Reisen hatten wir Wasserfälle eigentlich immer gemieden. Zu touristisch! Und wenn schon, dann musste es ein ganz besonderer sein oder auf einer alternativen Route erreichbar, wie vor einer Woche in Luang Prabang. Die Mekong-Fälle sind etwas Besonderes. Hier stürzt das Wasser in zwei parallel verlaufenden Hauptkaskaden auf einer Breite von mehr als 10 Kilometern über die Felsen, das macht sie zum weltweit breitesten Wasserfall. Weltrekord. Den Khong Phapheng am östlichen Flussufer hatten wir bereits bei unseren letzten beiden Laosreisen 2011 und 2017 jeweils am 5. Januar besucht. Heute sind die Li Phi Fälle am westlichen Teil „unserer“ Insel Don Khon dran.

Zum ersten Aussichtspunkt geht’s gemütlich über einen breiten Trampelpfad. Ein Stück weiter wird gerade mächtig am Neubau eines Restaurants mit Wasserfallblick gewerkelt. Von den erwarteten Touristenströmen ist noch nichts zu sehen, aber die Hoffnungen sind offensichtlich groß. Eine schmale Hängebrücke mit Blick auf die wasserumtosten Felsen soll die Besucher locken, ist aber ebenfalls noch im Bau.

Das war aber noch nicht das Ende des Weges, ich wandere weiter. Von irgendwoher hört man das rülpsende Muhen von Wasserbüffeln. Der Weg verwandelt sich in einen Pfad und endet schließlich vor einem sandigen Abhang, der zu einem einsamen Strand führt. Unten am Wasser trinken zwei Büffel und starren auf den merkwürdigen Zweibeiner, der kamerabewehrt durch den feinen Sand stapft, vorbei an zwei Strandbesucherinnen, die an der anderen Seite ein Sonnenbad nehmen.

Die beiden Frauen sind die einzigen Besucher um diese Zeit. Wir kommen kurz ins Gespräch und entdecken schnell Gemeinsamkeiten. Sylvie, die 71jährige Deutsche und die Südtirolerin Eva sind ähnlich wie wir unterwegs. Die Kölnerin berichtet von ihren Reisen in der Zeit vor der Pandemie, sie war Anfang 2020 nach einer Burma-Reise zunächst in Vietnam gestrandet, bevor sie im Rahmen einer Rückholaktion wieder nach Hause geflogen wurde. Ihre Reiselust ist ungebrochen, inklusive Spanisch-Sprachkurs in Peru im Jahr 2022 als dort nach Ende der Ausgangssperre Proteste gegen steigende Lebensmittelpreise in Krawallen mündeten.

Cosy hatte Anfang 2020 nach unserer Reise durch Mexiko und Guatemala noch einen Sprachkurs im gualtemekischen Antigua angehängt und war buchstäblich mit dem letzten regulären Flieger nach Deutschland zurückgekommen. Auch Burma haben wir weiterhin fest im Blick, selbst wenn eine Reise dorthin bei der derzeitigen politischen Lage für uns ethisch nicht vertretbar ist. Die Einladung von Eva, sie mal bei einer unserer regelmäßigen Südtirolreisen im von ihr geleiteten Jugendtreff „Jump“ in Eppan zu besuchen, nehme ich gerne an. Die Prinzipien ähneln denen, die ich mit meiner Arbeit verfolge…

„JUMP stärkt die Teilhabe junger Menschen. Die Mitarbeiter*innen laden Jugendliche ein mitzudenken, mitzureden und mitzugestalten. Gemeinsam mit jungen Menschen greifen sie aktuelle Themen auf, reflektieren und diskutieren sie. JUMP versteht sich als Sprachrohr und Brückenbauer zwischen Jugend, Gesellschaft und Politik.“

Jugend- und Kulturtreff Jump EO

Der Rückweg gestaltet sich etwas knifflig, ich finde den Pfad nicht mehr, nachdem ich die sandige Böschung nach oben gestapft bin. Also immer den Ohren nach, das ferne Rauschen der Wasserkaskaden sollte Hinweis genug sein. Irgendwie habe ich den Trampelpfad auf dem Hinweg nicht so zugewachsen in Erinnerung und stehe nach einigen Metern im Gestrüpp unvermittelt einem Wasserbüffel gegenüber. Der guckt nur erwartungsvoll, trottet dann aber friedlich von dannen, als ich ihn mit gebührendem Abstand passiere.

Das ist die Lösung: Wo ein Büffel, da ein Weg, auf jeden Fall eine Möglichkeit. Auf dem Hinweg waren Kuhfladen auf dem Weg gelegen. Und richtig, endlich entdecke ich ein verrostetes Gitter am Wegesrand, dass mir schon vor einer Stunde aufgefallen war. Das Rauschen wird lauter und dann habe ich auch die neue Hängebrücke erreicht. Jetzt ist es nicht mehr weit bis zum Ausgang, wo Cosy schon beim Tuk-Tuk wartet, dass uns zurück ins Quartier bringt.

Für die zweite Tour des Tages sitzen wir am späten Nachmittag wieder einmal in einem schmalen Langboot. Ziel ist eine Sandbank zwischen den Insel Don Long und Don Loppadi. Als wir auf dem Weg Don Det passieren, überholt uns ein anderes Langboot mit Ausländern. Moment, die Schwarzhaarige am Bug kommt mir irgendwie bekannt vor, das T-Shirt kenne ich doch. Auch sie hat mich offensichtlich wieder erkannt und winkt. Es ist Eva, die Südtirolerin vom Nachmittag.

Unseren Skipper packt der Ehrgeiz und ein kurzes aber erfolgloses Rennen beginnt. Ohne Erfolg, wir erreichen die Sandbank nur unwesentlich später.

Ja, und es ist tatsächlich Eva, die heute ein zweites Mal unsere Wege kreuzt.

Die Möglichkeit, jetzt noch ein wenig im Fluss zu baden, ignoriere ich, zumal ich keine Badesachen mitgenommen habe.  Das ist auch nicht weiter tragisch, da wir vor allem wegen des Sonnenuntergangs hierhergekommen sind. Um halbsechs brennt dann der Himmel, als die Sonne fototauglich hinter den Bäumen der gegenüberliegenden Insel verschwindet…

Abends beim Essen im Lao Lang Restaurant in der Nachbarschat treffen wir den Münchner Albert mit seiner tschechischen Frau Kveta. Wieder so ein Zufall, er hat wie Cosy in der gleichen Firma gearbeitet, hatte sein Büro sogar im selben Gang wie sie. Der Abend endet kurzweilig, die beiden tauschen Reiseerlebnisse und Erinnerungen an gemeinsame Kollegen…

Unterkunft:
Pan‘s Guesthouse

Donkhone Road
Don Khon
Ban Donsôm 16010, Laos

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