Mole und mehr & Straßenparty am Abend

Fachkundig erläutert Alfonso die speziellen Eigenschaften von Käse aus Oaxaca. Dem europäischen Mozzarella nicht unähnlich, aber fester und eben doch etwas anders. Für heute haben wir einen Kochkurs gebucht und gehen mit der Gruppe als erstes auf den Markt, um die benötigten Zutaten einzukaufen. Wir, das sind außer uns beiden Silverpackern die drei Neuseeländerinnen Steph, Eleanor und Emily, das irische Pärchen Sinhead und Damian sowie Marcus aus Manchester und Nadine aus Dänemark. Über die heutigen Gerichte haben wir basisdemokratisch entschieden. Die Auswahlliste hat Alfonso per Airdrop einfach auf unsere Handys geladen.

Der Kochkurs ist ein echtes Familienunternehmen. Wie zufällig treffen wir vor dem Markt Alfonsos Vater. Das passt gut, denn wir müssen mit dem Auto ans andere Ende der Altstadt.

Mit vollen Einkaufstaschen, einschließlich einer vor dem Marktbesuch bei einem speziellen Händler mit Masa (Maisteig) für die Empanadas und Tortillas gefüllten großen Tupperdose, fahren wir los.

Hinter einem unscheinbaren Garagentor wartet schon Alfonsos Mutter und führt uns in die Küche im ersten Stock. Auch der Vater unseres Maître ist gleich wieder im Einsatz und schenkt fleißig Mescal zur Begrüßung aus.

Dann geht es auch schon los. Zwiebeln müssen gehackt, Tomaten und getrocknete Chili angebraten, Bananen geschnippelt, Gewürze und Kräuter im Mörser zerstoßen werden. Das Hühnerfleisch kommt zum Kochen gleich ins heiße Wasser. Für jeden Teilnehmer gibt es genug zu tun, um die frischen Zutaten für die Gerichte vorzubereiten.

Als erstes sind die Vorspeisen dran. Eine Guacamole, eine grüne und eine rote Salsa soll es geben. Und da nicht jeder ein Liebhaber von Koriander ist, wird alles in zwei Varianten zubereitet. Da der von uns gewünschte Nachtisch, ein Flan, rund 1 Stunde und 40 Minuten im Wasserbad garen muss, wird auch für diesen gleich alles fertig gemacht, d.h. Zucker in einer Form karamellisiert und diese dann mit einer Eier-Kondensmilch-Maismehl-Ricotta-Mischung aufgefüllt und abgedeckt im Wasserbad bei niedriger Temperatur auf den Gasherd gestellt.

Die Vorspeisen gibt’s als erste Belohnung nach dem großen Schnippeln und bevor es an die Zubereitung der Hauptgerichte geht. Zu den beiden Salsas und der Guacamole dürfen wir geröstete Chapulines verkosten. Die knusprigen kleinen Speiseheuschrecken schmecken gar nicht so schlecht. Sie erinnern ein wenig an die Minigarnelen, die wir vor einigen Jahren auf einem Markt in Burma probiert haben.

Für eines der beiden Hauptgerichte haben wir eine besondere lokale Spezialität gewählt. Eine rote Mole. Diese in der Region von Oaxaca (und auch Puebla) beliebten Saucen gibt es in zahlreichen Varianten. Da es sich meist um Familienrezepte handelt, die von einer Generation an die nächste weitergegeben werden, schmecken sie überall anders. Mindestens 30 Zutaten, darunter verschiedene getrocknete Chilis, Gewürze, verschiedene Nüsse, Rosinen und weitere Zutaten werden zum Teil erst geröstet, dann zerstoßen und im Mixer zerkleinert. Noch etwas Zucker und Salz dazu, etwas Brühe aufgießen, dann kommt alles in einen großen Tontopf. Und jetzt wird’s mühsam. Die Soße muss bei hoher Temperatur und ständigem Rühren 40 Minuten gekocht und reduziert werden. Da ist dann jeder der Teilnehmer mal mit Rühren dran…

Derweil werden  für die Empanadas Teigtaschen aus dem Maisteig geformt, mit Käse und Kürbisblüten gefüllt und in heißem Öl frittiert. Auch die etwas dickeren Tortillas für die Memelas werden mit der praktischen Presse geplättet. Vor dem Bestreichen mit Griebenschmalz und schwarzer Bohnenpaste und dem Belegen mit Käse und Kürbisblüten, werden sie in einer fettfreien Pfanne vorgebacken.

Nach dem Backen der belegten Memelas in der Pfanne und nachdem die zuvor in Wasser gegarten Hühnerteile zehn Minuten in der Moles noch einmal aufgewärmt und ziehen duften, ist es dann soweit. Das Ergebnis unser gemeinschaftlichen Kochaktion darf verkostet werden.

Und es schmeckt einfach köstlich. Die knusprigen Empanadas sind kein Vergleich zu vielem, was wir unterwegs schon verkostet haben. Und wer glaubt, die Moles müssten scharf wie die Hölle sein, wird auch eines Besseren belehrt. Die mit einem kräftigen Chili-Grundstock zubereitete rote Mole entpuppt sich als fruchtig und mit ausgesprochen angenehmer Schärfe. Das liegt wohl auch daran, dass die großen getrockneten Chilis wohl eher große getrocknete Paprikaschoten waren.

Am späten Nachmittag sind wir zurück in der Altstadt und beziehen unser neues Quartier für die nächsten beiden Tage. Ein Abendessen brauchen wir keines mehr, nach dem üppigen Mahl in der Kochschule.

Doch dann locken uns Trommeln und fern erklingende Musik auf die Straße. Eine Posada kann es nicht sein. Wieder eine Calenda? Und tatsächlich: einen Block entfernt an der Kirche Santo Domingo tanz bereits eine Riesenpuppe. Ein Ballon verkündet den Zweck dieser ganz speziellen Calenda. Maria Fernandez ist 15 Jahre alt geworden und ihre Eltern richten ihr dieses aufwendige Straßenfest aus. Eine der Tänzerinnen kennen wir bereits von der Posada am heiligen Abend. Diesmal geht es noch bunter zu. Das Finale bildet einer Feuerwerkstanz ganz besonderer Art.

Auf dem Weg zurück ins Hotel, werden wir noch einmal aufgehalten. Im ersten Stock der Stadtbibliothek haben sich die spanischen Musiker auf den Balkonen gruppiert, die wir bereits bei unserer Ankunft in Oaxaca auf dem Zócalo gesehen haben. Auch heute geben sie ihre einfühlsamen Serenaden zum Besten.

Begleitet werden sie von zwei Tänzerinnen mit Kastagnetten unten auf der Straße, die sich den einen oder anderen Mittänzer aus dem Publikum holen.

Was für ein Tag, was für ein Abend. Es sind wieder einmal magische Momente, wie so oft auf unseren Reisen der letzten Jahren. Darum sind wir unterwegs. Jedes Jahr aufs Neue, ohne festen Plan nur mit einer groben Reiseroute. Und immer offen und neugierig auf das, was einem da begegnen kann…

 

Kochkurs:
Que Rico es Oaxaca

Unterkunft:
Hotel Villa de Leon
Reforma 405, Col. Centro, 68000 Oaxaca de Juárez, Mexiko

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