Yogya vulkanisch

„Röööööööhr!“ Mit sattem Sound arbeitet sich der kleine gelbe Jeep den Berg hinauf. Dem betagten Gefährt ist offensichtlich seit längerem der Auspufftopf abhanden gekommen. Noch ein kurzer Tankstopp gleich nach der Abfahrt und die abenteuerliche Fahrt zum Merapi beginnt, einem der gefährlichsten aktiven Vulkane weltweit. Den Eingang zum Lavafeld des letzten Ausbruchs markiert folgerichtig ein Tor mit der Aufschrift: „Welcome to the lost world“.

Das letzte Mal brach die Hölle hier am 5. November 2010 einige Minuten nach Mitternacht los. Ein heißer Ascheregen ging über ein Dorf an einem der Hänge des Vulkans nieder. Zum Glück waren die meisten Einwohner bereits evakuiert worden. Dennoch fielen dem pyroklastische Strom 70 Menschen und zahlreiche Tiere zum Opfer, als sie von den heißen Gasen verbrannt wurden und zahlreiche Häuser unter einer dicken Aschedecke verschwanden. Übrig blieben nur noch die Grundmauern, die heute die Grundlage eines kleinen Museums bilden. Ausgestellt sind unter anderem diverse Alltagsgegenstände, die von der ungeheuren Hitze zum Teil geschmolzen oder bis zur Unkenntlichkeit verformt wurden.

Die Natur erobert bereits weite Teile des Asche- und Lavafelds zurück. Wir holpern über eine schlaglochbewerte Piste und erreichen bestens durchgeschüttelt ein Plateau, von dem aus man einen guten Blick auf die Schneise hat, die der Hauptstrom der Lava in die Flanke des Vulkans gegraben hat. Die Hauptattraktion hier ist ein über zwei Meter hoher Meteorit, der sich ursprünglich auf dem Gipfel des Berges befand. Er wurde bei der Eruption abgesprengt und fand hier seinen vorläufig letzten Ruheplatz, direkt über einigen Häusern, die hier unter dem massiven Ascheregen von 2010 vollständig begraben wurden.

Am nächsten Stopp, dem sogenannten Bunker,  flüchten wir vor einem plötzlichen Regenguss in den namensgebenden  Schutzraum. Er war vier Jahre vor dem letzten großen Ausbruch gebaut worden. Dem Ascheregen konnte er zwar standhalten, den bis zu 700 Grad heißen Temperaturen jedoch nichts entgegensetzen. Die bei dem Ausbruch hier Schutz Suchenden hatten letztlich keine Überlebenschance und erstickten in der Hitze.

Es dämmert bereits, als wir uns in dem mittlerweile von Wolken umhüllten Gelände dem letzten Stopp der Tour nähern. Die bereits damals aktive Überwachungsstation ist längst wieder aufgebaut. Von der Katastrophe erzählt lediglich ein vorne arg verformter Rettungstransporter. Die letzten Helfer hatten es nicht mehr aus dem Gelände geschafft, hatten keine Chance der Asche- und Gesteinswolke zu entkommen, die mit unglaublicher Geschwindigkeit bergab donnerte. Heute müssen wir nur dem sintflutartigen Regen standhalten, der auf uns herunter prasselt, als wir inmitten  tief hängender Wolken talwärts fahren.

Diese Fahrt in die Geschichte war ein in jeder Hinsicht beeindruckendes  Erlebnis. Der Vulkan liegt nur rund 30 Kilometer von der Stadt entfernt. Bislang ist Yogyakarta vor schlimmerem verschont geblieben. Die Ausbrüche der jüngeren Vergangenheit erfolgten glücklicherweise immer in die der Stadt entgegengesetzten Richtung. Kleinere Erdbeben gehören dagegen zum Alltag. Zuletzt hatte am 15. Dezember letzten Jahres die Erde in Yogya ein wenig gebebt. Das Epizentrum des Seebebens mit einer Stärke von 6,4 lag weit genug entfernt an der Küste zwischen Yogyakarta und Jakarta.

 

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